Die
Buchverfilmung „Life of Pi- Schiffbruch mit Tiger“ erzählt eine
märchenhafte Geschichte über zwei Schiffbrüchige und ihre
abenteuerliche Reise auf hoher See. Ein magisches 3-D-Erlebnis.
Lange Zeit galt Yann
Martels Beststeller „Schiffbruch mit Tiger“ („Life of Pi“)
als unverfilmbar. Doch dank der evolutionären Fortschritte in der
3-D-Filmtechnik und unter der Regie von Ang Lee, dem Meister des
sensiblen (Kino-)Erzählens konnte ein weiteres literarisches Werk
die Kino-Leinwände erobern.
Die Geschichte „Life
of Pi“ beginnt mit einer Rahmenhandlung, in welcher ein junger
Autor (Rafe Spall) - auf der Suche nach einer schönen Buchidee - auf
den erwachsenen Piscine Patel (gespielt von Irrfan Khan) trifft.
Dieser erzählt ihm ein unglaubliches Abenteuer aus seiner
Lebensgeschichte, und verspricht ihm, dass ihm diese Geschichte
wieder dazu verhilft, zu glauben.
Rückblende.
Pondicherry, Indien. Piscine Patel (Newcomer Suraj Sharma) wächst
inmitten von Tigern, Zebras und anderen exotischen Tieren auf. Kein
Wunder, denn sein Vater arbeitet als Direktor in einem kleinen Zoo.
So verbringt Pi, wie er sich selbst nennt, den Großteil seiner Zeit
damit, über die menschliche und animalische Natur der Geschöpfe auf
Gottes Erden zu sinnieren. Und auch Gott selbst spielt eine sehr
zentrale Rolle in Pi's jungem Leben - mit der Folge, dass Pi,
geborener Hindu, sich sowohl zum Christentum als auch zum Islam
hingezogen fühlt und alle drei Religionen mit gleicher Inbrunst und
Intensität glaubt - und ausübt.
Ganz besonders
fasziniert ist Pi im Zoo von Richard Parker, dem bengalischen Tiger.
Diesen sucht er oft auf, wird jedoch von seinem Vater eindringlich
davor gewarnt, das Tier und dessen animalische Natur nicht zu
unterschätzen. Die politischen Umstände im Land erfordern bald,
dass die gesamte Familie samt Zoo auswandern muss und so macht sich
die ganze Familie auf den Weg nach Kanada auf. Während der Überfahrt
gerät das Schiff jedoch in Seenot und sinkt. Mit letzter Kraft
erreich Pi das Rettungsboot. Doch dort ist er nicht allein. Ein paar
Tiere – Zebra, Hyäne, Orang Utan - konnten sich ebenfalls ins Boot
retten. Pi findet sich als einziger menschlicher Überlebender auf
einem Boot voller Tiere wieder und übersieht in seinem Kummer, dass
sich ein weiterer Überlebender mit an Bord befindet – Richard
Parker. Trotz der unnatürlichen Umstände auf hoher See fordert die
Natur ihren Tribut, sodass am Ende nur noch Pi und Richard Parker am
Leben bleiben. Für Pi beginnt eine entbehrungsreiche und gefährliche
Reise in Gesellschaft eines ausgewachsenen wilden Tigers.
Yann Martel, Autor
des preisgekrönten Romans „Schiffbruch mit Tiger“ war sehr
begeistert, als er erfuhr, dass Ang Lee seine Geschichte verfilmen
wird: „Ang war die ideale Wahl, weil er emotional packende Filme
macht.“ In der Tat ist der Regisseur von Meisterwerken wie
„Brokeback Mountain“ (2005) und „Tiger&Dragon“ (2000) für
seine Vielseitigkeit und atmosphärische Bildsprache bekannt. Für
„Schiffbruch mit Tiger“ wagte sich Ang Lee zum ersten Mal in die
Welt des 3D-Kinos. Dank der immer mehr ausgereiften Animationskunst
konnte er auf diese Weise die Hürden, die den geschriebenen
Geschichten das Prädikat „unverfilmbar“ auferlegen, überwinden.
Und so sind zwar die Tiere, die im Film vorkommen allesamt
computeranimiert – und ebenso der Ozean – der Zuschauer jedoch
merkt von alldem fast nichts, sondern lässt sich fasziniert von der
Illusion des unglaublich echten (und dabei lediglich echt
aussehenden) Richard Parker, sowie von den gewaltigen Naturkulissen
gefangen nehmen.
Der Zauber der
Geschichte liegt aber nicht nur in der oppulenten 3D- und
Tricktechnik. Ein großer Verdienst gilt dabei dem Hauptprotagonisten
Suraj Sharma. Eigentlich wollte dieser gar nicht selbst vorsprechen,
sondern seinen Bruder zu dem Casting begleiten, als er von Ang Lee
und seinem Team entdeckt wurde. Tief beeindruckt von dessen
unvoreingenommenen, unschuldigen Art war sich die Filmcrew jedoch
sicher, dass er die ideale Besetzung für den jungen Pi sein würde.
Und in der Tat überzeugt Sharma in der Rolle des jungen Pi, der sich
auf hoher See nicht nur gegen die Naturgewalten und einen wilden
Tiger wehren muss, sondern dessen Glaube - sei es an Brahmann, Gott
oder an Allah – auf eine harte Probe gestellt.
Buchverfilmungen
haben es oft schwer, die hohen Leser-Erwartungen zu erfüllen. Bei
„Schiffbruch mit Tiger“ halten sich die Enttäuschungen und
empörte Ausrufe allerdings in Grenzen. Zwar wurde auch hier ein
wenig in die Trickkiste namens „künstlerische Freiheit“
gegriffen, doch die Veränderungen fallen nur jemand auf, der die
literarische Vorlage kennt. Der literarisch Unbefangene erfreut sich
bei Ang Lees visueller Adaption von Martels „Schiffbruch mit Tiger“
allerdings eines Naturschauspiels für die Sinne. In sehr schönen,
ästhetisch ansprechenden Bildern nimmt der sensible Meistererzähler
die Zuschauer mit auf die Reise des jungen Pi und Richard Parker und
lässt sie hautnah teilhaben an den Abenteuern der beiden ungleichen
Partner.
Eine Geschichte über
Freundschaft, den Zauber des Geschichtenerzählens und die Macht des
Glaubens wird am Ende nicht nur für den jungen Pi zu einer
spirituellen Sinnsuche und womöglich einer Reise zu sich selbst.