14 Januar 2014

museumophil

wer kinder ausschließlich vor dem fernseher parkt, der braucht sich nicht zu wundern, wenn sie später bei den strengsten eltern erfahren, dass ihr steak erstmal aus einem rind herausgeschnitten werden muss. 

ich will zwar nicht behaupten, dass auch ich dieser versuchung nicht widerstehen kann und mein sohnemann sich ab und an zeichentrickfilme reinzieht (pädagogisch wertvolle, versteht sich) aber in letzter zeit hat er mich überrascht, indem er verkündete, er wünsche sich, dass wir mal wieder ins museum gehen.

wow.

ich war schockiert. aber keine angst, es war ein schock der angenehmen sorte. mein sohn interessiert sich für "kulDuuur", und das in seinem zarten alter. ich war gerührt und stolz, kommt er doch diesbezüglich ganz nach der mama :)

innerhalb von drei tagen haben wir in zwei museen unser unwesen getrieben. zuerst haben wir uns die ausstellung der mainzer brezel im stadthistorischen museum in der mainzer zitadelle angeschaut. die ausstellung ist relativ überschaubar. und die infotäfelchen sind sicherlich auch recht interessant und informativ. wenn ich zeit gehabt hätte, sie mir mal in ruhe durchzulesen. aber mister sohnemann fand, trotz seiner enormen liebe zur brezel (mit schnittlauch und butter) fehle der ausstellung der biss...



ich meine, versetzt euch mal bitte in die lage eines kleinen kindes: er geht in ein haus ("museum"), darin dreht sich alles rund um die brezel - für viele kids das suchtmittel schlechthin! ein film zeigt, wie sie hergestellt wird, an großen weißen plakaten haben zahlreiche menschen sich künstlerisch ausgetobt und ihre brezel-versionen verewigt. eine riesige kunststoff-brezel begrüßt die besucher. der appetit ist geweckt, kind will brezel nicht nur sehen, sondern nun auch essen. und dann - nada. nix. die nächste brezelbude ist in der innenstadt, so circa halbe stunde fussmarsch vom museum entfernt. wenn frau da als super-mum nicht vorgesorgt hat, hat sie im schlimmsten fall die nervenaufreibendste halbe stunde bis zur essbaren brezelausgabe.

dann doch lieber zum naturhistorischen museum. da gibt es wenigstens tiere.
tote tiere zwar, aber das nehmen kinder oft noch relativ gelassen zur kenntnis. tiere sind tiere. und tiere sind interessant. egal in welchem zustand. ob zum streicheln, zum füttern, oder zum futtern. 

das naturhistorische museum hat zur zeit eine ratteninvasion. aber eine gewollte. 
die ausstellung finde ich toll, aber ich bin da voreingenommen, weil ich mal in den genuß kam, mit einem solchen exemplar ein paar jahre haut an schwanz zusammen zu leben. 

ratten sind wunderbare tiere, wenn man sich mal überwindet und die uns anerzogenen ekelgefühle vor ihnen abstreift. ich hatte eine schöne zeit mit meiner ratte miss parker. meiner family hat sie das ekeln vor dem rattenschwanz abgewöhnt. das war ganz einfach nämlich, indem sie tagtäglich demonstrierte, was für unglaubliche und notwendige manöver sie dank diesem körperteil vollbringen kann. so manch einer wurde recht grün vor neid... 
wer sich also selbst davor überzeugen will, so kann er dies tun, bis ende januar geht die ausstellung, samt einer quitschlebendigen rattenfamily als anschauungsmaterial. ich hoffe nur, dass sie nachher nicht als schlangenfutter entsorgt werden...

neben dem riesigen rattengehege bin ich dann aber doch noch auf ein rattenexponat gestossen, dessen anblick schwer verdaulich ist.



es ist der rattenkönig. ein haufen ratten, an ihren schwänzen zusammengewachsen. und wahrscheinlich elendlich verreckt. das phänomen trat in vergangenen jahrhunderten immer wieder mal auf und galt dann auch als ein böses omen. kann ich mir sehr gut vorstellen. ich meine versetzt euch in die lage einer holden maid, die den kamin putzt und auf einmal einem wuselnden, quitschenden, krankheitserregerverbreitenden rattenhaufen entgegenblickt. das kräuseln sich sogar mir als überzeugten rattenliebhaberin die nägel.

gut, dass es museen gibt. nun verbringen viele solcher rattenkönige ihr restliches totes dasein als horror-picture-show-freaks und praktizieren glaskastenkunst.

zugegeben, erst war ich entsetzt. aber dann überlegte ich mir, die perspektive zu wechseln. creepy morbide kunst... 
joa, wenn man das so betrachtet, dann ist es wiederum schick. so ein rattenkönig als briefbeschwerer auf dem schreibtisch. 

von dieser ausstellung war der sohnemann recht begeistert. und ich weiß, welche nagetiere er bekommt, wenn die zeit der haustiere kommt :D

text & fotos: von mir

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