17 Februar 2014

über gott und die welt – und die sexuelle vielfalt darin

ich ärgere mich. 
goethe sagte mal: "was ich denke, sage ich und verbrenne meinen ärger in meinem atem."
goethe war ein schlauer mann, ich gebe ihm recht, und folge seinem rat.

ich möchte nochmals betonen, dass dies hier meine  persönliche meinung ist. roh und unzensiert. und auch emotional gefärbt. aber bevor ich platze, schmiere ich lieber das internet voll und kann dann beruhigt zum tagesgeschäft übergehen.


ausgangslage: neue unterrichtspläne für sexuelle vielfalt

ganz deutschland ist mal wieder empört. im schulunterricht soll sexuelle vielfalt gelehrt werden. die kinder sollen nun erfahren, was sie ohnehin schon dank der medien und sozialen netzwerke kennen: die menschen sind nicht nur heterosexuell. sondern auch homosexuell, bisexuell, transsexuell, intersexuell und transgender. sie werden nun erfahren, dass sich nicht zwingend nur männlein in weiblein verlieben, sondern dass von zeit zu zeit sich einfach menschlein in menschlein verlieben.
die liebe kennt plötzlich keine grenzen und schert sich nicht um unterscheidungen wie „mann“ und „frau“.

reaktionen auf die lehrpläne: nach dem motto „empört euch!“

die mehrheit regt sich auf, geht auf die barrikaden, schreibt petitionen.
die einen befürchten: ihre kinder werden homosexuell „gemacht“.
die anderen fürchten um den fortbestand der menschheit.
wenn nun die sexuelle vielfalt als „normal“ angesehen wird, und es massiv zum anstieg von gleichgeschlechtlichen und „unfruchtbaren“ paaren kommt, dann werden wir - oh mein gott – als menschheit aussterben!

traute zweisamkeit, in stein gemeißelt?

und generell: die mehrheit regt sich darüber auf, dass hier minderheiten ankommen und sich was erlauben. wie etwa ein recht darauf, ihr leben so zu leben, wie sie es für richtig empfinden. freiheit. ein leben ohne als „abnormalität“ am rande der gesellschaft „geduldet“ zu werden.

das problem: vergessen wird, dass „normal“-sein aushandlungssache ist

all jene protestler fallen einem großen mythos zum opfer: nämlich dem, dass das, was sie als „die normalität“ bezeichnen, universell gültigkeit hat.
nur weil ein großteil der beziehungen die mann-frau-konstellation ist, wird dies als die norm bezeichnet. und alles andere ist eine abweichung, ohne berechtigung auf gleichberechtigtes dasein.

jene, die unterschiedliche sexualle orientierung nicht akzeptieren wollen, argumentieren gerne auch mal mit der heiligen schrift und sagen, gott habe mann und frau geschaffen, auf dass diese sich vermehren. so stehe es in der bibel.

nur
vergessen sie
dass menschen auf der erde schon lange existierten
auch VOR der bibel.

im alten ägypten. im alten rom. in griechenland.

und dass schon damals dort gleichgeschlechtliche beziehungen gang und gäbe waren waren. man braucht nur die alten artefakte sich anzuschauen – auf vasen, tellern, urnen, hieroplyphen, mosaiken, statuen und skulpturen finden sich allemal menschen gleichen geschlechts in eindeutigen posen. also bitte, ich wage es wirklich zu bezweifeln: wenn solche beziehungen damals so skandalös gewesen wären, dann würden sie doch nicht solche alltagsgegenstände zieren, oder? sexuelle vielfalt – damals schien dies normaler zu sein als heute.
normalität ist aushandlungssache.

früher war es normal, sklaven zu halten.
heute würde man mich dafür ins gefängnis stecken. und ich würde wunderschöne shitstorms und hassbriefe mit morddrohungen bekommen.

angst vorm aussterben der eigenen art: weniger ist mehr

dann gibt es tatächlich menschen, die angst haben, dass sie als spezies aussterben?
bei diesem gedanken kann ich nicht mehr sachlich bleiben - sorry, da müsst ihr jetzt durch...

schauen wir uns doch mal an, was wir, die spezies mensch, der homo sapiens, die krone der schöpfung auf dieser uns von gott gegebenen erde treiben:

_wir zerstören unseren lebensraum durch ausbeutung von natürlichen ressourcen

>> wir haben keinen respekt vor der erde

_wir haben riesige technologien entwickelt, um tiere, die wir essen, möglichst effizient – und das heißt auch möglichst grausam – auszubeuten. (ich bin nicht komplett gegen tiere-essen, aber massentierhaltung gehört abgeschafft. für immer. fleischverzehr soll wieder die ausnahme werden. und nicht die regel.). wir quälen tiere für kosmetika!!!das muss man sich doch mal geben. für bunte farbe, die wir ins gesicht klatschen, um uns „schön“ und „attraktiv“ zu finden. also bitte – darauf könnten wir doch LOCKER verzichten!

>> wir haben keinen respekt vor anderen lebewesen

_wir führen kriege gegeneinander. wir morden und vergewaltigen. wir vergehen uns an kleinen kindern.

>> wir haben keinen respekt vor unseresgleichen

wenn ich mir dies alles anschaue, dann schäme ich mich dafür, zur spezies mensch dazuzugehören.
und angesichts dieser höchstleistungen von uns, höchstentwickelten spezies denke ich mir manchmal, wir könnten locker weniger sein. eine erneute sintflut wäre ein segen für unsere erde...

und ok - ich habe auch andere, „objektivere“ gedanken.
ich glaube nicht daran, dass wir als menschheit aussterben werden – unkraut vergeht bekanntlich nicht. klar, gleichgeschlechtliche paare können (oft) keine eigenen kinder gebären. aber sie können welche adoptieren. es gibt weiß gott wieviele kinder auf der welt, die ohne eltern aufwachsen. denen ist es egal, ob sie von einer frau und einem mann erzogen werden oder von zwei frauen oder zwei männern oder von jemandem, der sich weder noch fühlt. das wichtigste ist – sie haben menschen um sich, die sie lieben und die sich um sie kümmern. wenn sie zu hause einen „mangel“ an einem bestimmten geschlecht haben, dann „kompensieren“ sie diesen spätestens wenn sie in die kita, schule, oder in einen sportverein gehen. das wichtigste, was diese kinder brauchen, ist das gefühl, geliebt zu werden.
punkt.

...und nochmal zurück zu gott

und jene, die mir mit gott und der bibel kommen und sagen, gott habe es so gewollt, dass nur frau und mann sich zu paaren zusammenschließen dürfen. all denen sage ich nur eins: och komm, geh weg.

ich werde dies jetzt nicht groß aufreißen, denn dann würde ich die büchse der pandorra aufmachen und dazu habe ich jetzt schlichtweg keine lust.
dann müsste ich bei adam und eva ausholen – ach was, noch weit früher - durch die menschheitsgeschichte galoppieren und euch mal vor augen führen, was gott angeblich schon alles gewollt und gesagt und gemacht hatte. erstaunlicherweise änderte sich das je nach zeitepoche, den vorherrschenden denkparadigmata und den herrschenden menschenmassen …
was die menschen schon für unheil, tod und verderben gebracht haben, alles im namen von gott, darüber könnte ich stunden, tage, monatelang diskutieren und doch nicht auf den gemeinsamen konsens kommen.

belassen wir es einfach dabei. ein ganz wunder punkt, viel zu diskutieren, und hierzu zum jetzigen zeitpunkt von mir nur soviel: auch die bibel ist ein werk der menschen und darf nicht unabhängig von menschheitsgeschichte und der entstehungsregion betrachtet und interpretiert werden!

LIEBE ist grenzenlos. und geschlechtslos.

jeder, der schon mal geliebt hat, muss doch eigentlich wissen, dass ein leben ohne liebe kein leben ist. es ist nur bloßes existieren.

nehmen wir an, soweit hat die bibel nicht gelogen:
gott hat die erde und alles, was auf ihr herumkreucht und fleucht erschaffen.
und dann auch noch die menschen.
im christlichen glauben nennen wir ihn deswegen auch „papa“, und im vorchristlichen war es die „mama“ (was eigentlich logischer ist, aber naja...).

und nehmen wir mal an, ihr seid ebenfalls ein papa oder eine mama: liebt ihr euer kind denn nur dann, wenn es das tut, was ihr wollt???
und wie ist es mit dem freien willen?

eben derselbe gott hat uns nämlich einen gegeben. einen freien willen. für jeden. lest es nach. so steht es geschrieben. ein freier wille, auf dass wir es verwenden.

warum gibt man einem etwas und darf es nicht benutzen?

ihr merkt es doch selbst: sobald einer kommt und euch vorschreiben will, was ihr zu tun habt, dann rebelliert ihr. (ich bin genauso...)

meine vorstellung von gott ist eine solche: gott erschuf den menschen, gott gab ihm den freien willen – und gott verbietet nicht, diesen zu benutzen.

auch wen wir lieben, entscheiden wir selbst. SOLANGE dies auf GEGENSEITIGKEIT beruht! (also keine ausrede für pädophile oder sodomisten hier!)

solange zwei - oder mehr – erwachsene menschen sich einig sind, wen und wie sie lieben und (zusammen-)leben wollen, warum soll sich da ein außenstehender (kirche, staat, whatever) einmischen?

wenn nun einer hetero ist, oder homo, oder bi, oder inter oder generell alles und nichts von alldem, sondern einfach nur ein mensch, der lebt und liebt – dann ist es einfach so. und man braucht hierzu nicht seinen senf dazugeben. keiner wird gezwungen. du willst hetero sein? dann sei es. du willst dein kind davor schützen, dass es etwas über sexuelle vielfalt erfährt? dann musst du es in eine schall- und blickdichte kiste setzen und es drin lassen, bis es achtzehn ist. oder aber du gehst offen mit den tatsachen auf der welt um, du klärst es auf, du kannst auch gerne sagen, dass du es nicht gut findest. aber was du auf gar keinen fall machen kannst, machen solltest ist: dem kind verbieten, seine eigene meinung zu bilden.

es ist auch müßig, sich den kopf zu zerbrechen, warum die liebe so fällt wie sie fällt. es ist zufall, schicksal, genetische disposition, umwelteinflüsse, erziehung, göttliche fügung? who cares? es ist wie es ist.

und wenn die kinder in der schule sexuelle vielfalt lernen, dann nenne ich es aufklärung. und nicht beeinflussung oder bevormundung.

die welt ist halt nicht schwarz -weiß, obwohl das viele menschen gerne so sehen möchten.
aus diesem grund verstehe ich auch die aufregung.
es ist ja einfacher, wenn die welt schwarz weiß kategorisiert wird. hier frau, dort mann. hier ja. dort nein. so übersichtlich.
aber dass diese kategorisierung auf kosten von anderen menschen tun, die unter den vorherrschenden schwarz-weiß-rastern leiden, das wird gerne ausgeblendet.

viele menschen haben angst.
angst vor veränderungen.
weil menschen einfach träge sind.
sie sind bequem.
sie wollen, dass alles so bleibt wie es ist.

doch das gute ist: irgendwann werden sie zu träge sein, zu protestieren. sie werden sich langsam aber sicher daran gewöhnen.
und dann wird es irgendwann heißen: och wirklich? ihr hattet heute gelernt, was transsexuell bedeutet? ...aha, hmmmm, … gut gut, reichst du mir bitte die kartoffeln?


"liebe ist alles, alles was wir brauchen" (rosenstolz)

weitere gute artikel zum thema:


"homophob?muss nicht sein" von ulrich klocke.

und wenn es nun nicht vorrangig um sexuelle identitäten geht, sondern um partnerschaftsmodelle, fand ich im interview mit den beiden psychologen lisa fischbach und  holger lendt das gedankenspiel interessant, was passieren würde, wenn wir die LIEBE in den mittelpunkt stellen würden. und verwechselt nun bitte nicht liebe mit lust.

und weil es nur darum geht und das leben lebenswert macht: "liebe ist alles" von rosenstolz.




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